Die Geschichte zweier junger Männer
Zwei Freunde, gleicher Jahrgang 2008, gleiches Elternhaus – aber zwei völlig unterschiedliche Schicksale. Jonas geht den vorgeschriebenen Weg. Max findet einen anderen.
Jonas K.
Jahrgang 2008, männlich
Geht den "normalen" Weg
Max S.
Jahrgang 2008, wählt „divers"
Findet einen anderen Weg
Die Sondersendung
Dezember 2025. Jonas und seine Geschwister sitzen vor dem Fernseher. „Neuer Wehrdienst: Was junge Männer jetzt wissen müssen" – die Schlagzeile läuft über den Bildschirm. Jonas ist zusammen mit seiner Zwillingsschwester Lisa Jahrgang 2008. Ihr Bruder Markus ist Jahrgang 2007 Jonas wird still. Ab 2026, pünktlich zu seinem 18. werden zwangsweise alle Männer ab Jahrgang 2008 erfasst.
„Herzlichen Glückwunsch – du bist jetzt wehrpflichtig!"
Jonas wird 18, zusammen mit seiner Schwester Lisa. Ihr älterer Bruder Tom (Jg. 2007) gratuliert. „Du musst, ich kann den Fragebogen ausfüllen", sagt Lisa. „Ich bekomme garkeinen erst", fügt Tom hinzu. Jonas schaut auf den amtlichen Umschlag in seiner Hand. Er muss, selbst wenn er nicht zum Bund will, in ein paar Monaten dann auch noch zur Musterung. Das müsse sein, weil man wissen will, welche Männer „tauglich" und im Ernstfall zur Verügung stehen für den Dienst an der Waffe.
Die Einladung zur Musterung
Der Brief kommt mit Einschreiben. „Ladung zur Musterung gemäß § 17 WehrPflG". Erscheinen ist Pflicht. Bei Nichterscheinen droht Bußgeld. Jonas' Schwester hat nie einen solchen Brief erhalten. Sie wird ihn nie erhalten.
Nur Männer müssen hier sein
Im Warteraum des Kreiswehrersatzamtes: ausschließlich junge Männer. Medizinische Untersuchung, psychologischer Test, Tauglichkeitseinstufung. Die jungen Frauen aus seinem Jahrgang? Für sie gibt es diese Untersuchung nicht. Jonas ist sportlich und wird als „uneingeschränkt tauglich" eingestuft.
Zu wenig Freiwillige
Die Nachrichten berichten: Die Freiwilligenzahlen reichen nicht aus. Der Bundestag hat mit einfacher Mehrheit die „Bedarfswehrpflicht" aktiviert. Aus dem Pool der 300.000 gemusterten tauglichen Männer werden nun per Los diejenigen gezogen, die tatsächlich einrücken müssen.
„Jonas K., Jahrgang 2008"
Die Wehrpflicht-Lotterie hat Jonas getroffen. Er wurde gezogen. 12 Monate Grundwehrdienst. Seine Schwester, sein Bruder – sie schauen ihn an. Ihnen bleibt das erspart.
Es gibt einen anderen Weg
3 Uhr nachts. Max googelt „Wehrpflicht legal umgehen 2026". Er findet: Kriegsdienstverweigerung (aber dann Zivildienst im Krisenfall), medizinische Untauglichkeit (unwahrscheinlich)... und dann: das Selbstbestimmungsgesetz. Artikel 12a GG verpflichtet nur „Männer". Als „divers" registriert – keine Wehrpflicht.
„Ich lass mich als divers eintragen"
Max setzt sich mit seinen Eltern zusammen. Er erklärt seinen Plan: Geschlechtseintrag auf „divers" ändern – vor dem 18. Geburtstag, um der Wehrerfassung zu entgehen. Der Vater war Zivildienstleistender. Die Mutter wurde nie erfasst. „Wenn du das durchziehen willst – wir unterstützen dich."
Beim Standesamt
Max geht zum Standesamt. Mit Unterstützung seiner Eltern (er ist noch 17) stellt er den Antrag auf Änderung des Geschlechtseintrags auf „divers". Keine Gutachten nötig, keine Begründung erforderlich. In drei Monaten wird die Änderung wirksam – rechtzeitig vor seinem 18. Geburtstag.
Der neue Ausweis
Drei Monate sind vergangen. Die Bedenkzeit ist abgelaufen. Max holt seinen neuen Personalausweis ab. Im Feld „Geschlecht" steht jetzt: D – divers. Damit ist er offiziell nicht mehr als „männlich" registriert. Artikel 12a des Grundgesetzes gilt für ihn nicht mehr.
Kein Fragebogen. Keine Musterung. Keine Lotterie.
Max wird 18. Anatomisch ist er ein Mann. Aber im Personenstandsregister steht: „divers". Er erhält zwar audh den Fragebogen Doch ausfüllen ist für ihn nicht verpflichtend. Er wird nicht Wehr- erfasst und nicht zur Musterung geladen. Für ihn gibt es auch keine Wehrdienst-Lotterie. Er beginnt sein Studium – während Jonas zur Kaserne fährt.
Vor dem Reichstag, 2028
Jonas steht in Bundeswehr-Uniform vor dem Reichstag. Neben ihm: seine Schwester Lisa (muss nicht dienen – Frau), sein Bruder Tom (muss nicht dienen – Jahrgang 2007), und sein Freund Max (muss nicht dienen – „divers" eingetragen).
Alle vier stehen vor dem Grundgesetz, das Gleichberechtigung garantiert. Nur einer von ihnen trägt eine Uniform.